Steuerkette im Motor - Basisfahrzeug Iveco Turbo Daily 4x4
Inhalt:
- Prinzipieller Aufbau
- Kettenspanner
- Steuerkettenwechsel
- Wartung des manuellen Kettenspanners
- mögliche Probleme
- Teileliste
Steuerkettenmechanik: Prinzipieller Aufbau
Ein wesentlicher Unterschied der 4x4-Modelle des Iveco Daily zu seinen 4x2-Brüdern ist die Steuerkette anstelle des Zahnriemens zur Ventilsteuerung. Die Steuerkette gilt zwar als "unkaputtbar", jedoch ganz ohne Kontrolle und gelegentlicher Wartung geht's auch hier nicht.
Die Grafik zeigt den prinzipiellen Aufbau der Kettensteuerung und stellt die beteiligten Bauteile dar.
(9) oberer Festschuh - (11) unterer Festschuh - (15) Gleitschuh
vergrößerte Darstellung
Während oberer und unterer Festschuh ein Flattern der Kette verhindern,
stellt der Gleitschuh zusammen mit dem Kettenspanner die nötige Spannung
der Kette sicher.
Die Gleitschuhe bestehen aus einem Metallträger und einer
Kunststoffauflage, die die Reibung mindert und Verschleiß der Kette
selbst verhindert, dabei aber ihrerseits abgenutzt wird.
Aufgrund meiner Erfahrungen zu diesem Thema empfehle ich eine Kontrolle spätestens nach 120.000km
und - je nach Zustand zu diesem Zeitpunkt - Austausch oder nachfolgende
Kontrollen in entsprechend kürzeren Zeiträumen, z. B. alle 30.000km
(dazu sind allerdings Demontage von Front und Kühler/Kühlerventilator
nötig). Besonders verschleißträchtig scheint dabei der untere Festschuh
(11) zu sein.
Kettenspanner
In den Modellen bis 1989 wird ein manuell nachzustellender Kettenspanner eingebaut, ab Modellwechsel 1990 wird eine automatische Version eingesetzt. Eine "Rückrüstung" auf das alte Modell ist möglich.
Manueller Kettenspanner
Funktionsweise des manuellen Kettenspanners
... ist sehr einfach: eine kräftige Feder drückt einen Kolben nach vorn,
der wiederum den beweglichen Gleitschuh gegen die Kette drückt und
damit deren Spannung sicherstellt. Da im Lauf einer Motordrehung aber
Nockenwelle und Einspritzpumpe Phasen des Widerstandes und Phasen des
leichten Laufes aufweisen, würden sich durch die daraus folgenden
abwechselnden Phasen von Kettenspannung und -entspannung Schwingungen
der Kette und des Kolbens einstellen, erstere werden durch die
Festschuhe, letztere durch eine Rücklaufbegrenzung in Form einer
Schraube (7) mit Kontermutter (29), die den Kolbenhub nach hinten
begrenzt, verhindert.
Einstellung des manuellen Kettenspanners

Das Spiel zwischen Kette und beweglicher Gleitschiene (3) wird
bei der alten Ausführung trocken durch die Stellschraube (2) auf
0.4-0.7 mm (Fühlerlehre) eingestellt, Position mit Kontermutter (1)
sichern.
Der Kontrollintervall ist abhängig von der jährlichen Laufleistung:
< 20'000 km --> alle 10'000 km[Informationen zur Einstellung und Wartung dankenswerter Weise von Reto aus Oberiberg (CH)]
> 20'000 km --> alle 20'000 km
in jedem Fall aber jährlich
Automatischer Kettenspanner
Funktionsweise des automatischen Kettenspanners

Aus der Beschaffenheit der Teile und der Beschreibung im Werkstatthandbuch ergibt sich die dreiteilige Aufgabenstellung für die Konstruktion:
- Kettenspannung: Feder
- Rücklaufschutz: Sicherungsring
- Dämpfung der Pumpbewegungen der Kette: Hydraulik
Im Einzelnen:
Die Gegendruckfeder (2) drückt den Kolben (11) gegen den beweglichen
Gleitschuh, diesen damit gegen die Kette und stellt so deren Spannung
sicher.
Im Lauf der Zeit wird Motoröl durch die Öffnungen (7) in den (im
Anlieferzugstand leeren) Druckkolben fließen und die Federbewegungen
DÄMPFEN, indem das (inkompressible) Öl durch dünne Überströmkanäle
fließen muß und schnellen Bewegungen nach hinten damit nicht folgen kann
(wenn der Spanner richtig zusammenmontiert ist). Schnelle Bewegungen
nach vorn ermöglicht hingegen das Sperrventil (4).
Zusätzlich bewirkt beim automatischen Kettenspanner ein Federring (10),
der über Nuten nachrückt, eine Begrenzung des max. Hubs nach hinten auf
2mm (das ist die Funktion, die beim alten Spanner durch die
Einstellschraube wahrgenommen wird). Der max. mögliche Weg des Kolbens
von dem max. Rücklaufpunkt bis zur max. Dehnung (= "Arbeitshub im Laufe
eines Kettenlebens") ist 13mm.
Einstellung des automatischen Kettenspanners
Bei richtigem Zusammenbau bedarf der automatische Kettenspanner keinerlei Einstellung und Wartung.
Probleme des automatischen Kettenspanners

Beim
automatisch nachstellenden Kettenspanner besteht die Gefahr, daß er
möglicherweise vollständig einfahren kann, wenn der im Bild unter Nummer
10 gezeigte Ring verschleißt oder abschert. Das kann schon bei
Laufleistungen unter 50.000km passieren. Gefährlich ist das besonders
aber bei höheren Laufleistungen, wenn eine gedehnte Kette einen ohnehin
weitgehend ausgefahrenen Kettenspanner zur Folge hat, weil dann die
Kette springt, wenn durch den defekten Ring nicht dessen Hub nach hinten
begrenzt wird.
Folge: kapitaler Motorschaden
Steuerkettenwechsel
Anmerkung zu Beginn: ich gebe hier Informationen zum Besten, die hilfreich sein können, weil sie die Angaben im Werkstatthandbuch ergänzen. Dies ist also keine vollständige "do-it-yourself - Anleitung" zum Steuerkettenwechsel!
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Zuerst muß ein geeignetes Werkzeug her: der Zahnkranz auf der
Kurbelwelle ist aufgeschrumpft und nur herunterzubekommen mit einem
"hydraulischen Abzieher", hier improvisiert aus einem 5t-Wagenheber,
einer Basisplatte, zwei einstellbaren Armen und einer Art Rohrschelle,
die hinter den Zahnreihen um den Zahnkranz greift. Der Messingbolzen vorn paßt in den Zahnkranz und liefert die Auflagefläche für den Hubkolben des Wagenhebers gegen die Kurbelwelle, da diese eine Zentralbohrung aufweist (siehe nächstes Bild oben). |
oben: frisch montierter Kurbelwellenzahnkranz: die violette
Farbe entsteht beim Erwärmen des Zahnkranzes im Backofen auf 250°C (er
muß dann sehr schnell positioniert und mittels Hartholz und großem
Hammer in die Montagelage gebracht werden, schon geringe vorzeitige
Abkühlung führt zum Festsitzen des Zahnrades "auf halbem Weg". Das Bild zeigt die Kurbelwelle in Referenzposition: dann ist die Nut des Zahnkranzes oben. unten: Kurbelwellenzahnkranz mit montierter Kette und montiertem beweglichen Gleitschuh und unterem Festschuh |
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völlig leergeräumter Steuerkettenkasten, zu erkennen sind die Gehäusebohrungen oberhalb des Nockenwellenstummels und unterhalb der Welle zur Einspritzpumpe, mit deren Hilfe die entspr. Zahnräder bei der Kettenmontage in Grundstellung gebracht und fixiert werden können (roter Pfeil). | komplett montierte Steuerkettenmechanik, Kettenspanner eingestellt, Gleitschuhe ausgerichtet. Nockenwellen- und Einspritzpumpenzahnrad stehen um 180° zur Grundstellung gedreht, weil die Kurbelwelle um 1 Umdrehung durchgedreht wurde. |
Wartung des manuellen Kettenspanners
Korrekte Einstellung:

- Motor von Hand durchdrehen bis der Kettenspanner entlastet (maximal ausgefahren) ist
- Schraube (2) so eingestellen, daß man eine Fühlblattlehre mit 0,4 ... 0,7mm längs der mit (F) grün gekennzeichneten Strecke zwischen Kette und beweglichem Gleitschuh durchführen kann. Das resultierende Spiel (A) liegt dann bei unter 0,1mm/ist praktisch nicht mehr feststellbar, die Kette liegt sehr sauber. (Eine derartig genaue Einstellung läßt sich aber nicht mehr "blind von außen" durchführen, dazu muß dann wirklich der Deckel runter, und das heißt als Voraussetzung: Front, Kühler, Kühlerventilator, ...)
- Kontermutter (1) festziehen
- Motor zur Kontrolle nochmal durchdrehen - fertig

Warum funktioniert die "Blind-von-außen"-Methode nicht?
Probleme verursacht u. a. der folgende "Einstelltip aus der Praxis" [Fa. Niemz]:
- Kalten Motor 'ne Weile laufen lassen, "bis sich Oeldruck aufgebaut hat", anschl. ausschalten.
- Dann sofort Stellschraube VON HAND reindrehen bis zum Anschlag und wieder knapp eine Umdrehung zurueck.
- Gehoerprobe bei laufendem Motor - fertig.
Das kann aus mehreren Gründen nicht funktionieren:
- Das Vertrauen auf "Öldruck" führt zu nichts, der manuelle Spanner wird bestenfalls mit Öl geschmiert. Auch beim automatischen Spanner bewirkt das Öl lediglich eine Schwingungsdämpfung, keinen Druck.
- Zunächst muß der Motor durchgedreht werden, um den Punkt zu finden,
an dem der Kettenspanner entlastet ist (und damit maximal ausfährt).
Dieser Punkt ist "blind" nicht zu finden.
Nach 40.000km ist das mehr als ein Millimeter Weg. - Nach dieser Methode entsteht an der Stelle (A) ein zulässiges Spiel von 0,7 bis über 1mm aufgrund der Tatsache, daß die Einstellschraube (2) bei M8-Gewinde und einer Steigung von 1,25mm bei z. B. einer Dreiviertelumdrehung einen Weg von 0,94mm zurücklegt. Bei einer derartigen Einstellung läßt sich die Kette zwischen dem Nockenwellenzahnrad und dem oberen Ende des beweglichen Gleitschuhs um bis zu 2cm eindrücken.
Im ungünstigen Fall können damit 2mm Weg zusammen kommen, die der
Kettenspanner schon bei der "Wartung" hat, im Betrieb wird das aber nur
mehr.
Massive Kettenschwingungen (der manuelle Spanner verfügt über keine
nennenswerten Dämpfungseigenschaften) sind die Folge mit den
entsprechenden Auswirkungen - siehe unten.
mögliche Probleme
Ungenauer Einbau von Festschuhen

Zu den nebenstehenden Bildern:
Nr. 1 zeigt einen Festschuh meiner Steuerkettenführung,
Nr. 2 zeigt das gleiche Modell nocheinmal. Wie man leicht sieht, ist Nr. 2 sehr viel verschlissener als Nr. 1.
Wenn man sich die beiden Teile von der Stirnseite her ansieht, zeigt Nr.
2 nicht nur einen sehr viel stärkeren Verschleiß der Kunststoffauflage,
sondern ist außerdem verzogen (bei weitem nicht mehr rechtwinklig),
nahe der Montagefläche ist sogar das Metall schon sehr weitgehend
abgeschliffen.
Jetzt muß man folgendes wissen:
Nr. 1 wurde ab Werk eingebaut und hatte eine Laufleistung von 138.000km
Nr. 2 wurde von einer Iveco-Werkstatt bei diesem km-Stand eingebaut und hatte bei Ausbau in Italien (wegen gebrochener Befestigungsschraube) eine Laufleistung von nur 31.000km.
Angesichts des Zustandes des Teils bei dieser geringen Laufleistung kann
es sich nur um eine absolut lausige Werkstatt-Arbeit handeln. Im
Werkstatthandbuch steht beschrieben, daß vor dem endgültigen Festziehen
der Muttern/Schrauben mittels Fühlblatt-Lehre ein Abstand (Spiel) von
0,5...1mm zwischen Kette und Festschuh sicherzustellen ist.
Hier handelt es sich um einen der absolut geraden Festschuhe, und zwar
in diesem Fall um den zwischen Kurbelwelle und Einspritzpumpe (Teil Nr.
11, da verläuft auch die Kette völlig gerade), an dieser Stelle sollte
es möglich sein, das Teil parallel zur Kette in definiertem Abstand zu
montieren. Wenn der Festschuh so zugerichtet ist wie auf den Bildern,
kann er nur total verkantet eingebaut gewesen sein, hier konkret mit
Spiel am kurbelwellenseitigen Ende, jedoch mit massivem Druck auf die
Kette am einspritzpumpenseitigen Ende. Das darf an sich nicht vorkommen
in einer "Fachwerkstatt".
Korrekte Montage des unteren Festschuhs
ist mit manuellem Spanner ganz einfach:
- Ein Stück Blech oder Pappe oder ähnl. mit der Größe der Festschuh-Fläche mit 0,5mm Dicke zurechtschneiden.
- Kette mit Spannschraube des Spanners straff spannen.
- Festschuh bei gelösten Schrauben und mit aufgelegtem Blech (s.o.) an die Kette anlegen, Schrauben festziehen.
- Kettenspanner losdrehen, Blech entfernen
- Kettenspannung korrekt einstellen lt. Handbuch
Das Ergebnis ist ein parallel im richtigen Abstand montierter Festschuh.
Zuviel Kettenspiel

- "Rasselnde" Kette
- Verschleiß insbesondere des unteren Festschuhs durch
"Ketteneinschläge". Charakteristisch ist der ungleichmäßige Verschleiß
über die Länge des Festschuhs, wäre einfach der Abstand nicht richtig
eingestellt, so würden Riefen über die gesamte Länge entstehen. (Der im
Bild dargestellte Festschuh war nur wenige 1000km eingebaut!)
- Kettenriefen an Innenseite des Kettengehäuses (siehe Bild) bevorzugt unterhalb des Einspritzpumpen-Zahnrads
- Vibrationsbruch der Befestigungsschrauben des unteren Festschuhs
- Bruch des beweglichen Gleitschuhs am Angriffspunkt des Kettenspanners

Zuwenig Kettenspiel
- Verstärkter Verschleiß an Fest- und v. a. beweglichem Gleitschuh (Kettenlaufrillen)
- Dehnung der Kette
- Verschleiß der Zahnflanken
Teileliste
(Soweit nicht anders vermerkt, gelten die Angaben für die Daily-Baureihe ab 1996 mit 2,8l-Motor)
Bezeichnung | Teile-Nummer | Preis/Eur 1) | Aktualisierung 2) |
---|---|---|---|
Steuerkette | 99457167 | 93,10 | 213,20 |
bewegl. Gleitschuh | 99457143 | 55,13 | 119,78 |
oberer Festschuh kurz | 7302382 | 10,72 | 48,42 |
oberer Festschuh lang | 7302381 | 18,07 | 84,05 neue Nr: 504132333 |
unterer Festschuh | 7301039 | 36,99 | 72,66 |
Rad Kurbelwelle | 98420079 | 38,59 | 114,00 |
Zylinderstift | 10332010 | 0,22 | 1,33 |
Rad Nockenwelle | 99442762 | 50,82 | 141,72 |
Rad ESP | 4838611 | 83,32 | 205,84 |
Korkdichtung | 7301019 | 14,15 | 28,79 |
Kettenspanner (neue Ausführung) | 4859435 | 334,88 | 700,25 |
Kettenspanner (alte Ausführung) | 7302418 | 150,30 | 293,22 |
1) Netto-Preise Deutschland Stand 11/2004; 2) Aktualisierung Stand 06/2019
Das alte Modell des Kettenspanners ist im Ersatzteilkatalog als geändert markiert und auf den Nachfolgetyp verwiesen.
Für den 2,5ltr-Motor gelten abweichend unter anderem:
Bezeichnung | Teile-Nummer |
---|---|
Steuerkette | 4836627 |
bewegl. Gleitschuh | 7301031 |
Rad Nockenwelle | 7302379 |
Rad Kurbelwelle | 7302378 BIS MOTOR NR. 1307400 98420485 VOM MOTOR NR. 1307401 |
zuletzt geändert am: 19.06.2019